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Tobias & Bastian Schweinsteiger: Deckname "Cantona"

Tobias & Bastian Schweinsteiger: Deckname "Cantona"


Nach vielen Jahren beim FC Bayern wechselte Bastian Schweinsteiger 2016 zu Manchester United. Für ihn und Bruder Tobias ging damals ein Traum in Erfüllung. Die Liebe zu United schaffte es sogar bis zur Türklingel beider Schweinsteigers.

Tobias Schweinsteiger, als Ihr Bruder Bastian 2015 zu Manchester United wechselte, konnten Sie dann auch endlich das Old Trafford besuchen. Wie war es für Sie, das Stadion Ihres Lieblingsklubs zu besuchen?

Ich habe in England schon viele Spiele besucht, aber im Old Trafford war ich damals zum ersten Mal. Die Stimmung ist der reinste Wahnsinn. Nach dem ersten Spiel, das ich besucht habe, hat Ashley Young gesagt, dass die Atmosphäre an dem Tag nicht besonders gewesen sei. Da habe ich mich schon gefragt: Was ist hier los, wenn sie mal besonders ist? (lacht) Das Publikum ist anders in England, die Wertschätzung ist anders – sowohl gegenüber dem Spieler als auch dem Verein.

Sie haben als Fußballer viel erlebt und gesehen. Schafft es das „Theatre of Dreams“ dennoch einen mit über 30 Jahren nochmal vom Hocker zu reißen?

Das ist das Schöne am Fußball, dass es immer etwas Neues gibt, was einen fasziniert. Wir haben eine ganz eigene Fankultur in Deutschland und insbesondere beim FC Bayern. Diese Nähe, die wir hier den Fans bieten, gibt es in anderen Ländern vielleicht nicht so. Für meinen Bruder Bastian war es aber ein Reiz gewesen, etwas Neues zu erleben und auf der Insel eine neue Mentalität kennen zu lernen.

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Lutz Pfannenstiel hat mal erzählt, dass er als Kind Fan von Flamengo Rio de Janeiro war. Sie und Bastian waren beide Fans von Man United, obwohl der FC Bayern und 1860 München nur ein paar Kilometer weg waren. Wie kommt denn das?

In einer Sportzeitschrift war ein Poster der Meistermannschaft von 1991/92. Das habe ich mir damals ins Zimmer gehängt. Und es war dann auch die Zeit, als Eric Cantona seine spektakulären Auftritte hatte, die nicht immer groß mit Fußball zu tun hatten. Cantona hat mich sehr interessiert, er hat mich fasziniert und ich habe nach ihm geforscht. Über Cantona entstand auch die Liebe zu Manchester United. Und irgendwann kam dann auch die goldene Generation, die „Class of 92“, mit Giggs, Scholes, Beckham, den Neville-Brüdern und Butt. Yorke, Cole, Solskjær kamen dann auch dazu. Das war eine riesen Truppe.

Bastian hatte an der Klingel seiner Münchener Wohnung den Namen Cantona stehen. Was stand bei Ihnen?

Ich hatte das in Regensburg auch. Wenn man mitten in der Stadt wohnt und „Schweinsteiger“ an der Klingel hat, kann man sich vorstellen, dass öfters mal einer klingelt. „Cantona“ ist unser Deckname gewesen. Es hat ganz gut gepasst, weil „Cantona“ hier in München oder Bayern auch nicht für jeden ein Begriff war. Zumindest nicht so wie „Schweinsteiger“.

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Woher kam die besondere Bewunderung für Eric Cantona?

Er hat mich damals einfach fasziniert in seiner Spielweise, seinem ganzen Auftreten, seinem Revultionärem! Er hat immer polarisiert – und er tut es heute noch.

Gehen dem Fußball Typen wie er ab?

Es wird im Fußball immer wieder Typen geben, aber durch die flacheren Hierarchien und die Schulung schon ab dem Jugendalter werden sie nicht mehr diese Erscheinung haben wie früher.

Er war in einer Manchester- Mannschaft voller Stars. Und dennoch fiel er besonders auf. Das war nicht nur die sportliche Komponente, oder?

Die sportliche Komponente auf einer Seite, seine Führungsqualitäten und seine Ausstrahlung, hinter der sich diese vielen Talente entwickeln konnten, auf der anderen Seite.

Haben Sie Ihre Liebe zu Manchester United nach dem Finale 1999 eigentlich überdacht?

(lacht) Ich war hin- und hergerissen, das war nicht leicht. Aber damals war ich noch einen Tick mehr für Manchester United. Ich war 17 Jahre alt, das war die Revoluzzer-Phase. Man war für das, was nicht direkt vor der Haustür war.

Wie war es am nächsten Tag?

Ich war da schon nicht mehr in der Schule, sondern beim Bundesgrenzschutz. Beim Antreten in der Früh habe ich mich mit dem Man-United-Schal hingestellt und musste sofort zum Rapport. (lacht)

Hatten Sie sich dabei ertappt, in der Funktion als Fan bei Ihrem Bruder nachzufragen, wie es bei ManUnited so ist? „Wie ist der Rooney?“ „Wie ist die Kabine, usw.?“

Klar, das kommt aber automatisch. Wir leben in einer Zeit mit viel Technik. Da schickt man sich Bilder und Videos. Ich interessiere mich nicht nur als Fan, sondern auch als Bruder, wie es ihm geht und wie die Mitspieler sind. Ich habe mir auch selbst ein Bild machen können, als ich vor Ort war.

Bastian hatte in vielen Interviews über die Jahre immer wieder seine Zuneigung zu Manchester United geäußert, aber anscheinend hatte da keiner richtig zugehört. Der Bayern Fan Bastian geht zu seinem Lieblingsverein. Vielen ging es nicht so, aber Sie konnten es schon nachvollziehen, oder?

Ich war ja immer in seine Gedanken eingeweiht und es war die optimale Entscheidung für ihn, dorthin zu gehen. Man hätte davon ausgehen können, dass er beim FC Bayern noch zwei, drei Mal Meister geworden wäre. Er hatte aber die große Herausforderung gesucht und gefunden.

Interview: Fatih Demireli

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