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Bach will keine Geisterspiele

Bach will keine Geisterspiele

Das IOC steckt vor seiner ersten virtuellen Vollversammlung in einem Dilemma: Geisterspiele dürfen keine Option für Tokio 2021 sein, dabei könnte alles noch viel schlimmer kommen.


Thomas Bach wählte jedes einzelne Wort mit Bedacht. Inmitten der Corona-Pandemie, die weiter über den Globus jagt, neigt der IOC-Präsident zu noch mehr Vorsicht als ohnehin bei öffentlichen Auftritten. So sprach Bach im Vorfeld der ersten virtuellen Vollversammlung der olympischen Familie am Freitag nur von „mehreren Szenarien“, mit denen sich die Arbeitsgruppen der ins Jahr 2021 verlegten Sommerspiele in Tokio beschäftigen. Ob auch Geisterspiele dazugehören, sagte er nicht.

Olympische Spiele ohne Zuschauer „sind sicher nicht das, was wir wollen“, sagte Bach nach der Sitzung des Exekutivkomitees am Mittwoch. Deutlicher wurde er nicht und verwies stattdessen auf die 136. Session des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), die erste ihrer Art via Videokonferenz. 

Die Sportwelt erwartet Antworten auf drängende Fragen, die wichtigsten werden aber auch nach dem Treffen offenbleiben. Ist Japan bei der Eröffnungsfeier am 23. Juli 2021 ein sicheres Reiseland? Und: Gibt es bis dahin einen verfügbaren Impfstoff, der die Sicherheit aller Beteiligten garantiert? Je mehr Zeit auf dem Weg nach Tokio verstreicht, ohne dass die Pandemie signifikant gestoppt wird, desto geringer werden die Optionen. Vielleicht sind Athleten, Fans und Funktionäre in einem Jahr froh, wenn es zumindest Geisterspiele gibt.

Die Planungen der Task Force mit dem Namen „Here we go“ beschäftigen sich noch nicht mit dem Horrorszenario der Olympia-Absage, doch wachsen weltweit die Zweifel an der regulären Austragung der Spiele. DOSB-Präsident Alfons Hörmann verdeutlichte kürzlich, dass er Bauchschmerzen beim Gedanken an das kommende Jahr bekomme. Er spüre „Steine im Magen, ob es klappen wird“, sagte der Chef des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) im Podcast der Sportschau.

Thomas Weikert, Präsident des Tischtennis-Weltverbands ITTF, kann das gut nachempfinden, er „weiß um die schwierige Situation, wenn jeden Tag eine neue Botschaft kommt – und ab und an ist auch eine Hiobsbotschaft dabei“. Die steigende Zahl der Coronafälle in Japan, die Lage in der Welt, der Zeitdruck: „Ich fühle die Probleme des IOC“, sagte Weikert dem SID. Auch er musste mit seinem Verband die Weltmeisterschaften in Südkorea bereits zum dritten Mal verlegen. Solch eine Flexibilität kann sich das IOC nicht leisten.

Schon die Verlegung um ein Jahr bescherte Herausforderungen, die längst noch nicht alle gelöst sind. Nach der Sitzung der Exekutive gab das IOC zumindest bekannt, dass Grundsatzentscheidungen zum Qualifikationsprozess getroffen wurden. Tischtennis-Chef Weikert wartet aber wie viele seiner Kollegen auf Antworten zur Nutzung der Sportstätten und des Olympischen Dorfs. „Was haben wir im Hinblick auf 2021 zu erwarten?“, fragt er.

Der Bericht der Koordinierungskommission des Australiers John Coates wird im Mittelpunkt der Session am Freitag stehen. Vielleicht aber wird ein weiteres Problemfeld beackert – die Winterspiele 2022 in Peking? Auch hier schließen einige IOC-Mitglieder eine Absage nicht mehr aus.

Recht rasch wird dagegen wohl das Thema der Olympischen Jugendspiele in Senegals Hauptstadt Dakar abgehandelt sein. Die Verlegung der ersten olympischen Wettbewerbe in Afrika von 2022 auf 2026 hat die Exekutive bestätigt, es fehlt nur noch die Ratifizierung durch die IOC-Vollversammlung, und die ist Formsache.

Ein Vorbild für die großen Sommerspiele ist die Verschiebung um vier lange Jahre nicht, in diesem Punkt ließ Präsident Thomas Bach keinen Spielraum für Interpretation. „Das ist nicht miteinander zu vergleichen“, sagte er. Noch spielen alle Szenarien für die Olympischen Spiele in Tokio im Jahr 2021. Noch.

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