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Sanbry

Sanbry

Der FC Bayern verfestigt mit der Verpflichtung von Leroy Sane sein Profil als Klub, der immer noch proaktiv handeln kann. Und schreitet sportlich in die nächste Epoche.


Es war ja ein besonderer Anlass. Und zu diesem sollte es auch ein besonderes Umfeld geben. Also kündigte der FC Bayern an, dass man die bevorstehende Pressekonferenz, in der Neuzugänge für den Profikader vorgestellt werden sollten, in einem Münchener Luxushotel abhalten werde. Das eigene Pressestürberl, wie man in München liebevoll sagt, würde nicht ausreichen und wäre dem Bevorstehenden auch gar nicht gerecht. Man war mächtig stolz darauf, im Jahr 2008 Luca Toni und Franck Ribery vorzustellen. Toni traf beim AC Florenz so oft, dass man ihn schon „Il Bomber“ nannte. Klar, dass er dann zum FC Bayern muss.

Franck Ribery machte mit Tempodribblings auf sich aufmerksam. Er war noch kein Weltstar, aber man wusste, dass er einer werden würde und daher waren die 25 Millionen Euro an Olympique Marseille auch gut angelegt. Es war eine Zeit, "als wir noch nicht so erfolgreich waren. Als wir Vierter wurden und uns nicht mal für die Champions League qualifiziert haben“, erinnert sich Bayerns Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge. Also musste der FC Bayern erstmals so richtig Geld in die Hand nehmen, um zumindest national wieder nach vorne zu kommen. Und es gelang. Auch wenn Jürgen Klopp und Borussia Dortmund dazwischenfunkten, war es die Zeit, in der die Entwicklung zum Serienmeister von heute begann.


Nicht der Markt entscheidet

Und doch war das internationale Ansehen noch nicht auf dem Niveau, dass es für jeden Bayern-Spieler auch völlig verständlich war, den Rest des Lebens im rot-weißen Trikot zu verbringen. Arjen Robben sagte kürzlich bei SOCRATES, dass er Zweifel hatte, als er nach München kam. Die Überzeugung am richtigen Ort zu sein, entwickelte sich erst später. Als Ribery im Sommer 2019 den Klub verließ, ging er als Rekord-Titelhalter und Klub-Legende. Dass er besonders in seiner Anfangszeit aber eigentlich am liebsten wieder gegangen wäre und diversen Lockrufen sehr aufgeschlossen begegnete, ist auch bekannt. Als 2009 der FC Chelsea für Ribery 65 Millionen Euro und Jose Bosingwa, damals ein recht angesehener Verteidiger, geboten hatte und als sich dann auch noch Real Madrid einschaltete und der damalige Präsidenten-Berater Zinedine Zidane kundtat, dass er glaube, Ribery würde zu den Königlichen gehen, war man sich in der deutschen Medienlandschaft sicher: Ribery geht. So sicher, dass man schon darüber spekulierte und Listen aufstellte, wen der FC Bayern mit dem vielen Geld kaufen werde.

Nun, Ribery blieb, weil ihn der FC Bayern davon überzeugte, dass es besser ist, in München zu bleiben. Und ab dem Zeitpunkt, sagt Karl-Heinz Rummenigge heute, war der FC Bayern ein „Käufer-Klub“. Übersetzt heißt das: Wie der Kader der Münchener aussieht, entscheiden sie selbst und nicht der Markt oder die Konkurrenten. München ist keine Durchgangsstation, sondern die Endstation. Die letzten Jahre geben Rummenigge dann auch tatsächlich recht. Mit der Ausnahme von Toni Kroos haben die Münchener keinen Spieler verloren, den sie unbedingt halten wollten und selbst Kroos traf – trotz seiner großen Klasse – nicht auf jedermanns unendliche Liebe. 

Perfekt: Bayern vermeldet Sane-Transfer

Perfekt: Bayern vermeldet Sane-Transfer

Der FC Bayern München hat Leroy Sané von Manchester City verpflichtet. Dies gab der Rekordmeister nun offiziell bekannt.

Erfolg für Hasan Salihamidžić

Dass man weiterhin der Käufer-Klub ist, beweisen die Bayern nun bei Leroy Sane. Der 25 Jahre alte Offensivspieler wechselt für unter 50 Millionen Euro zum Rekordmeister. Das Doppelte wollte man im Sommer 2019 bezahlen, aber das gerissene Kreuzband des Tempodribblers verhinderte damals den Wechsel. In München ist man recht stolz auf den Deal. Zum einen, weil Sane schon Ewigkeiten in der Gunst der Münchener steht. Zum anderen, weil man in einer Phase, in der der Profi-Fußball durch die Pandemie wirtschaftlichen Schaden nimmt und viele Fragenzeichen hinterlässt, eine Investition in dieser Größenordnung problemlos stemmen kann. In einer Zeit, in der Barcelona und Juventus Transfertricks anwenden müssen, um Arthur nach Italien zu lotsen und dafür Miralem Pjanic opfert. Die wirtschaftlichen Sorgen sind ganz oben angekommen.

Ziemlich offensiv dagegen kündigten die Bayern-Bosse während des Lockdowns an, dass man jedes Jahr einen Top-Transfer und ein Top-Talent verpflichten wolle. Auch wohlwissend, dass man mit Sane und dem 18 Jahre alten Tanguy Nianzou Kouassi, der von Paris Saint-Germain verpflichtet worden ist, eigentlich schon längst im Wort stand und man den Worten gleich mal Taten folgen lassen konnte. Besonders für Hasan Salihamidžić, der am 1. Juli das Direktor aus der Visitenkarte strich und Vorstand draufkritzeln durfte, wird froh sein, wurde ihm anfangs noch vorgeworfen, dass er sich allzu jungfräulich auf dem Markt bewege. Inzwischen scheint er seinen Wissensfundus und sein Networking aufpoliert zu haben.

Der FC Bayern wird jünger

Dass er es war, der die großen Transfers zuletzt ankündigte und die Schlagzeilen bekam, zeigt auch den weiterentwickelten Stellenwert des Bosniers, der anfangs doch zu sehr im Schatten von Rummenigge und Uli Hoeneß stand. „Beide verfügen über eine unheimlich große Kompetenz. Es wäre ja dämlich, nicht offen für ihre Ratschläge zu sein und aus ihren Erfahrungen zu lernen. Ich höre deshalb in den Gesprächen mit ihnen genau hin. Was uns alle eint, ist der sehr starke Wille, alles für den Klub zu tun. Aber jeder tut das auf seine Weise“, sagte Salihamidžić damals im Gespräch mit SOCRATES und fügte an: „Ich bin und bleibe Hasan Salihamidžić.“

Dennoch musste er auch intern Hürden nehmen. Als Manuel Neuer öffentlich über seine Vertragssituation sprach, nannte er keinen Namen und dennoch war klar, dass seine Kritik über offenbar ausgeplauderte Interna an Salihamidžić gerichtet war. Hansi Flick war gerade erst einmal ein paar Wochen beim FC Bayern, als er sehr forsch Neuzugänge einforderte und Salihamidžić zur Pflicht rief. Doch Salihamidžić kam gestärkt aus der Situation heraus. Wenn man so will, steht er exemplarisch für die Entwicklung des FC Bayern in den letzten Monaten. Der Klub erlebt sowohl auf Chefebene als auch in der Mannschaft einen Verjügungsprozess, der fast schon abgeschlossen ist.

Bessere Statistiken als Coman

Für die restliche Bundesliga ist das keine gute Nachricht, dass man den Wechsel von einer Mannschaft, in der erst Bastian Schweinsteiger, dann Philipp Lahm, dann Arjen Robben und Franck Ribery immer älter wurden und ersetzt werden mussten, hin zu einer Mannschaft, in deren Grundgerüst nur noch drei Spieler über 30 sind, verschlafen hat und keinen Deut näher an den Rekordmeister gerückt ist. Ganz im Gegenteil. Die Bayern schießen da mal 100 Tore in einer Saison und Robbery ist auch längst vergessen. Der FC Bayern hat jetzt Sanbry. Oder Gnasane. Je, nachdem, was die Zunge mehr mag.

Sanes Stärken kann der FC Bayern gut gebrauchen, auch wenn man mit Serge Gnabry und Kingsley Coman zwei Leistungsträger auf den Außenpositionen hat. Besonders Coman hat aber eine gewisse Anfälligkeit für Wehwehchen, die mitunter für Substanzverlust sorgen, wenn der Franzose ausfällt. Wettbewerbsübergreifend sieben Tore und sieben Assists sind solide, aber auch keine Werte, die Coman unersetzlich machen. Im Vergleich: In der letzten bewertbaren Saison schoss Sane 18 Tore und legte 16 Treffer auf.

Das neue Trikot des FC Bayern in der Galerie:

Noch nicht die 1A-Liga

Doch der Sane-Transfer birgt zwischen den Zeilen auch die Message, dass der FC Bayern nach wie vor in einer Sphäre ist, in der man nicht alle Schubladen des internationalen Markts öffnen kann. Sane ist ein Produkt der Bundesliga, ausgebildet beim FC Schalke 04. Er ist deutscher Nationalspieler, der bei einem internationalen Topklub keinen Stammplatz hatte und dem der Weggang nicht sonderlich schwer gemacht wurde. Auch die vergleichsweise vernünftige Ablösesumme beweist dies. Der FC Bayern hat noch mehr Budget in der Kriegskasse. Die Frage ist nur, ob er für das vorhandene Geld dann auch internationale Klasse bekommen würde. 

Der neue nationale TV-Vertrag, der wie vor vier Jahren bei knapp über einer Milliarde Euro liegt, zeigt, dass es für die Bayern in den nächsten fünf Jahren keinen Sprung nach oben geben wird, was die Haupteinnahmequelle betrifft. Fällt der neue und nach wie vor umstrittene Verteilungsschlüssel ungünstig aus, könnte es sogar weniger werden. Zwar hat sich der FC Bayern weitere Standbeine aufgebaut, die aber nicht helfen werden, um in die 1A-Geld-Liga aufzusteigen und somit auch noch größere Stars nach München locken zu können. 

„Wir gehen uns eigenen Weg“, sagt Rummenigge immer wieder. Für den nationalen Erfolg reicht dieser Weg völlig aus, international könnte jetzt ein guter Schritt gemacht werden. Und vielleicht trifft man sich in München bald mal wieder in einem Luxushotel.

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