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Ein Leben als Nummer 2

Ein Leben als Nummer 2

Oliver Kahn war lange Zeit der beste Torhüter des Planeten. Zur Freude seiner Klubs, zum Leid seiner Konkurrenten und Ersatzkandidaten. Wer alles auf der Strecke blieb und was aus ihnen später geworden ist...


Alexander Famulla: Alles begann mit einem von Trainer Winnie Schäfer initiierten Wettstreit zwischen Stefan Wimmer und Oliver Kahn. Es ging darum, wer die Nummer 2 hinter Alex Famulla wird. KSC-Legendensohn Wimmer hatte keine Chance, weil Kahn schon damals vom Ehrgeiz gepackt war und keine Zweifel ließ. Es dauerte aber fast drei Jahre, bis Kahn an Famulla vorbeizog. Famulla, der heute die Torhüter der Frauenmannschaft von 1899 Hoffenheim trainiert und einen Lottoladen betreibt, verließ den Klub eine Saison später in die 2. Liga nach Homburg.

Thomas Walter: Er kam 1991 von den Amateuren des VfB Stuttgart und war eine Saison später der alleinige Herausforderer Kahns. Die Rollen waren klar verteilt, Kahn längst die unangefochtene Nummer eins. Bis zu Kahns Abschied kam Walter, der zum Trainerteam der 2. Mannschaft des VfB Stuttgarts gehört, auf drei Spiele. Auch er ging nach seiner KSC-Zeit in die 2. Liga, zu den Stuttgarter Kickers. Als Kahn ging, kam Walter zurück. Heute ist er Torwart-Trainer bei der Zweiten des VfB Stuttgart.

Sven Scheuer: Ihm war die Rolle als Reservetorhüter nicht unbekannt. 1988 kam er zum FC Bayern und war seither der Mann hinter Raimond Aumann. Selbst als Letzterer in der Saison 1991/92 ein halbes Jahr aussetzen musste, spielten Gerald Hillringhaus, Toni Schumacher und Uwe Gospodarek. Immerhin: 1994/95, in der Debütsaison Kahns beim FC Bayern, spielte Scheuer zehn Mal. Weitere sieben Einsätze folgten in den nächsten fünf Jahren. Seine Bayern-Zeit endete in einer Regensburger Pizzeria, als er in eine Schlägerei verwickelt war, in die auch Mario Basler verstrickt war. Türkei, England, Osnabrück und Schönaich hießen weitere Stationen. Inzwischen ist Scheuer abgetaucht.



Uwe Gospodarek: Das Positive vorweg: Gospodarek ist weder abgetaucht noch abgestürzt. Vielleicht auch deswegen, weil Gospodarek nur genau eine Saison Teamkollege von Kahn blieb und mit dem Wissen, dass er wohl nie vorbeikäme, das Weite suchte. Er wurde Stammtorhüter beim VfL Bochum; über Regensburg, Kaiserslautern und Burghausen gelang ihm sogar noch einmal ein Comeback in der Bundesliga bei Borussia Mönchengladbach. 1999 wollten ihn die Münchener zurückholen, aber Kaiserslautern lehnte das Angebot ab. Beim FC Bayern ist er trotzdem in guter Erinnerung geblieben, trainiert erst die U17-Torhüter, dann die U19 – jetzt ist er in gleicher Funktion beim VfB Stuttgart.

Michael Probst: Genau zwei Spiele machte Probst für den FC Bayern – eines ging in die Geschichte ein. Siegestrunken nach dem UEFA-Cup-Sieg, wechselte Interimstrainer Klaus Augenthaler beim letzten Ligaspiel gegen Fortuna Düsseldorf neben drei Feldspielern noch Probst für Kahn ein. Ein klares Vergehen, das der Schiedsrichter Lutz Wagner nicht bemerkte. Weil aber das Spiel keine Bedeutung hatte, gab’s keinen Protest der Fortuna. Für Probst ein Karrierehighlight – danach ging’s für immer in die bayerische Prärie, wo er noch später als Trainer arbeitete.

Bernd Dreher: Mit 31 kam er in der Saison 1997/98 zum FC Bayern, um als erfahrener Mann Kahn den Rücken freizuhalten. Eine Saison später ereilte ihn aber das große Pech: In Frankfurt erlitt Kahn eine Gehirnerschütterung, der eingewechselte Dreher übernahm die Rolle, die ihm zugedacht war und für die er sein Gehalt bekam. Aber Minuten später erlitt Dreher einen Kreuzbandriss und fiel lange aus. 2003 beendet er seine Karriere und arbeitete als Torwarttrainer weiter, bis sich Kahn aber 2005 erneut verletzte und Dreher reaktiviert werden musste. 2007, dann mit 40 Jahren, war wirklich Schluss. Auf Schalke arbeitete er später mit einem gewissen Manuel Neuer zusammen. Zuletzt arbeitete er als Torwart-Trainer in Bulgarien.

Stefan Wessels: 1999, als Bayern die Torhüter ausgingen, tauchte plötzlich Amateurtorwart Stefan Wessels auf und stand beim Gastspiel gegen die Rangers im Tor. Der junge Blondschopf machte seine Sache klasse. War da der neue Kahn-Nachfolger geboren? Wessels galt als solcher und hoffte, dass Kahn irgendwann das Ende der Karriere ankündigen würde. Weil Kahn aber keine Lust hatte, ging Wessels und startete eine sehr ordentliche Karriere als Nummer eins. Heute ist er beim DFB Jugend-Torwarttrainer.

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Lukas Podolski hat in seiner Karriere alles erreicht und dennoch ist es ihm heute noch wichtig, dass er einen guten Eindruck hinterlässt, wenn er irgendwo ankommt. Der Weltmeister spricht im Interview.

Jan Schlösser: „Jan Schlösser Bayern München 2004-05 seltenes Foto“, heißt ein Angebot bei ebay. Die Gebote hielten sich bis zum Redaktionsschluss in Grenzen, auch wenn die Autogrammkarte in der Tat eine Rarität darstellt. Schlösser galt als großes Torwarttalent, saß mit 17 auf der Bank, als Stefan Wessels in Glasgow spielte, aber er verabschiedete sich ohne eine einzige Profiminute. Acht Mal saß er in seiner gesamten Zeit auf der Bank – mehr war nicht drin. Probierte sich danach noch in unterklassigen Ligen. Aufenthalt heute? Unbekannt.

Michael Rensing: Er hatte wohl den brutalsten Job von allen: Er war nicht nur Kahns Ersatzmann, sondern auch sein Nachfolger. Eine schier unmögliche Aufgabe, die Rensing letztlich auch nicht durchzog und das Weite suchte. „Der Druck ist unmenschlich“, sagte auch Kahn hinterher: „Michael hat viele sehr gute Spiele für die Bayern gemacht. Hätte man ihn gehalten, wäre er heute die klare Nummer eins in München.“ Mit vielen Umwegen hat Rensing aber sein spätes Glück gefunden, spielt aktuell bei Fortuna Düsseldorf und war dort auch lange klar die Nummer eins. Auch Thomas Kraft ereilte das gleiche Schicksal, zumal er von Statur und Auftreten sehr an Kahn erinnerte. Und auch er blieb nicht lange beim FC Bayern und suchte sein Glück woanders.

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