Impfung gesichert - Olympia gerettet? Nach Wochen des Wartens haben deutsche Athlet*innen zumindest eine große Sorge weniger. Laut Bundesinnenministerium (BMI) soll das Impfprogramm für alle Teilnehmer der Olympischen Spiele in Tokio am 3. Mai starten und zwei Wochen dauern. Die Erleichterung ist groß, die Kritik aber auch.
"Diese Entscheidung macht Olympia realistisch", sagte Speerwerfer und Gold-Kandidat Johannes Vetter dem SID. Der 2017er Weltmeister forderte aber auch, dass die Bemühungen um Impfungen von Athlet*innen in anderen Ländern fortgesetzt werden müssten. Die Impfungen bedeuten "mehr Sicherheit" für Vorbereitung und Teilnahme, urteilte der Verein Athleten Deutschland.
DOSB-Präsident Alfons Hörmann nahm die Entscheidung mit Genugtuung auf. "Damit erhalten unsere Team-D-Mitglieder nun wertvolle Klarheit und Sicherheit", sagte Hörmann mit Blick auf die Olympischen Spiele (23. Juli bis 8. August) und die Paralympics (24. August bis 5. September), deren Austragungen wegen der Pandemie nach wie vor gefährdet sind.
Kaum noch Protest zu erwartenHörmanns gutes Verhältnis zum BMI - genauer zu Parteifreund und Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) - dürfte nicht unerheblich für den Coup gewesen sein, der erstaunlich geräuschlos über die Bühne gegangen war. Nach langem Hoffen hatte das BMI am Montag plötzlich erklärt, dass man alle Tokio-Fahrer impfen werde, am Mittwochabend folgten Details zum Programm.
Das lange Warten hat sich gelohnt. Nachdem das Impfen im Lande in den letzten Tagen Fahrt aufgenommen hat und einige Bundesländer die Priorisierung aufgehoben haben, ist kaum noch Protest aus der Bevölkerung zu erwarten, auch wenn sich die Sportler weiter etwas bevorteilt fühlen. Athlet*innen hätten mit der Teilnahme an den Spielen "einen persönlichen Nutzen", betonte Vetter, deshalb sei die Impfung "ein Privileg."
Auch Dagmar Freitag, Vorsitzende im Sportausschuss des Deutschen Bundestages, schlug in diese Kerbe. Viele Olympiafahrer hätten klar gesagt, dass sie erst eine Impfung wollten, wenn die Priorisierungsgruppen 1 bis 3 durch seien. "Ich sehe allerdings nicht, dass das bereits in der ersten Maiwoche der Fall sein wird", meinte Freitag, die mit Diskussionen rechnet.
1400 Personen"Ich finde es auf jeden Fall eine super Sache und werde mich impfen lassen", sagte die viermalige Straßenrad-Weltmeisterin Lisa Brennauer dem SID. Ihr sei bewusst, "dass es mir ein paar Tage nicht so gut geht", so Brennauer, sie habe aber "die Entscheidung getroffen, das zu machen."
1400 Personen in zwei Wochen zu impfen, ist auch eine logistische Meisterleistung, alle Athleten sollen mit Pfizer/Biontech versorgt werden. Beim Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) als zuständigen Dachverband weiß man noch nicht, wie man das Problem lösen soll, alle Spitzensportverbände sind bei der Planung gefordert.
Womöglich werden die Impfstoffe über die Olympiastützpunkte verteilt, dort sind auch Ärzte im Einsatz, zudem ist jeder Kaderathlet Teil eines Stützpunktes. Vielleicht werden aber auch Verbands- oder Hausärzte ins Boot geholt - der für den Spitzensport im DOSB zuständige Dirk Schimmelpfennig arbeitet derzeit an einem Konzept.
Klar ist hingegen, wer alles das Vakzin erhalten soll. Wie eine Sprecherin des BMI mitteilte, handele es sich um Sportlerinnen und Sportler, die auf der sogenannten Longlist des DOSB stehen. Dies sind Athlet*innen, "die ein realistische Chance auf eine Qualifikation für Tokio bzw. sich bereits qualifiziert haben." Dazu zählen auch Trainer und Betreuer, während Funktionäre nur im Einzelfall und Gäste überhaupt nicht berücksichtigt werden.
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